Biotina


Vitamin C

das »Mädchen für alles«

Man weiß zwar bereits seit Jahrhunderten, daß ein schon dem Tode naher Skorbutkranker auf überraschende und dramatische Weise genesen kann, wenn man ihm frisches Obst oder Gemüse gibt; daß aber Vitamin C auch noch andere überraschende und ebenso dramatische Heilungen zuwege bringt, ist erst kürzlich entdeckt worden.

Viele der Untersuchungen, die das bezeugen, sind noch nicht publiziert.

Abgesehen davon, daß dieses Vitamin beim Aufbau der collagenen Zwischenzellsubstanz mitwirkt, ist es offenbar eine Art »Mädchen für alles« und mischt überall mit. Falls giftige Substanzen in den Körper eindringen, entgiftet Vitamin C diese Stoffe und macht sie unschädlich. Anscheinend verbindet sich Vitamin C mit der toxischen Substanz, und beide zusammen werden im Urin ausgeschieden. Diese Kombination nennt man jetzt »Ascorbigen«.

Man weiß schon lange, daß bei Infektionen und Krankheiten Vitamin C aus Blut und Urin verschwindet, ein Mensch um so seltener krank und um so schneller wieder gesund ist, je mehr Vitamin C er zu sich nimmt, und man während einer Krankheit 20 bis 40mal mehr Vitamin C geben muß als sonst, um die Gewebe damit zu sättigen. Weiterhin sind die Antikörper nicht in der Lage, Bakterien unschädlich zu machen, wenn nicht genügend Vitamin C zur Verfügung steht. Den Antikörpern muß durch eine ergänzende Substanz gleichsam »geholfen« werden, und diese fehlt, wenn kein Vitamin C verfügbar ist. Vitamin C scheint sowohl bei Krankheiten, die durch Viren oder Bakterien hervorgerufen werden, wie auch bei nichtinfektiösen wie Gicht, Gelenkrheumatismus und Magen- bzw. Zwölffingerdarmgeschwüren gleichermaßen wirksam zu sein. Man hat unzählige Infektionen und sonstige Krankheiten studiert, angefangen bei der banalen Erkältung über Lungenentzündung, Hirnhautentzündung, fieberhaften Gelenkrheumatismus bis zur Tuberkulose und Diphtherie, ferner Infektionen der Vorsteherdrüse, der Ohren, Augen, Nebenhöhlen und Mandeln, schließlich auch die typischen Kinderkrankheiten und viele andere: Immer ist offensichtlich Vitamin C der barmherzige Samariter, der in der Lage ist, Schmerzen zu lindern.

Es hat sich herausgestellt, daß Vitamin C Vergiftungen durch Chemikalien verhindern oder heilen kann. Es ist wertvoll bei Vergiftungserscheinungen durch Blei, Brom, Arsenik, Benzin und vielen anderen Substanzen, mit denen der Körper in Berührung kommt, was hauptsächlich bei Industriearbeitern der Fall ist.

Aus Experimenten ergibt sich ferner, daß Vitamin C Allergiestoffe vernichten hilft. In ausreichender Dosis gegeben, entgiftet es die Allergie erzeugenden Substanzen, die in das Blut gelangen, und zwar sowohl Pollen-, Hausstaub, Hautschuppen und auch Nahrungsmittel.

Auch bei der Behandlung verschiedener Allergien, ob es sich nun um einen allergisch bedingten Schnupfen, um echtes Heufieber, Asthma, Ekzem oder Nesselfieber handelt, ist Vitamin C nützlich. Bei Verwendung großer Mengen von Vitamin C sieht man oft überraschende Besserungen. Sogar bei Vergiftungen durch Gifteiche und Giftefeu, bei Schlangenbissen und Stichen der »Schwarzen Witwe« (Spinne), schließlich auch bei Kohlenmonoxydvergiftungen hat man mit großen Mengen Vitamin C Heilungen erzielt.

Jede fremde Substanz, die in das Blut eindringt, wirkt mehr oder weniger toxisch. Durch Vitamin C kann man den Schaden verhüten, das Vitamin selbst wird jedoch bei diesem Prozeß zerstört. Jedes Medikament vernichtet Vitamin C im Körper. Ist das Arzneimittel lebensrettend, muß die Zerstörung des Vitamins in Kauf genommen werden. Nimmt man aber willkürlich und ohne ärztliche Verordnung ein Medikament ein, ist dieses möglicherweise ebenso unnötig wie der Vitaminverlust. Es hat sich gezeigt, daß eine einzige Tablette von verschiedenen vielgebrauchten und als unschädlich angesehenen Medikamenten Vitamin C über drei Wochen nach der Einnahme oder sogar noch länger im Körper zerstören kann. Ein Leitartikel im »Journal of the American Medical Association« beschäftigte sich mit der Frage: »Ist Aspirin ein gefährliches Medikament?« Dieser Artikel wies darauf hin, daß Aspirin, häufig die Ursache für innere Blutungen, gefährlich sein kann, es sei denn, die Nahrung enthält genügend Vitamin C.

Bei der Energieerzeugung scheint dieses Vitamin keine Rolle zu spielen, und doch wirkt es mit, Müdigkeit zu verhüten. Man gab einer Gruppe Soldaten Vitamin C bis zur Sättigung der Gewebe. Die Leistungen dieser Gruppe wurden mit denjenigen einer anderen Gruppe, die kein Vitamin bekommen hatte, verglichen. Nach dem Manöver, in dem sie eine schwere Ausrüstung tragen, viele Kilometer laufen und Berge besteigen mußten, zeigten die Soldaten, die Vitamin C bekommen hatten, nur geringe Ermüdung, erholten sich bald und hatten keine Beinkrämpfe. Dagegen litten die anderen sehr unter Krämpfen und Müdigkeit, und es dauerte viele Tage, bis sie sich wieder erholt hatten. Die schädliche »Asche«, die übrigbleibt, wenn Fette unvollständig verbrannt werden und sich auch bei niedrigem Blutzucker als sogenannte Azetonkörper in den Geweben anhäuft, ist eine der häufigsten Ursachen der Müdigkeit. Diese Azetonkörper werden durch Vitamin C entgiftet.

Diese wahrhaft universelle Wirksamkeit von Vitamin C beruht wahrscheinlich darauf, daß es von schädlichen Stoffen aller Art zerstört wird. Für einen Ernährungsberater wird die Situation in bezug auf Vitamin C immer komplizierter. Heute läuft niemand mehr Gefahr, an Skorbut zu erkranken, doch fast jeder Mensch hat irgendwelche Beschwerden, von denen man weiß, daß Vitamin C sie beheben kann. Will er gute Arbeit leisten, muß der Ernährungsspezialist sich offenbar mit der Tatsache abfinden, daß die Leute ihn für einen sonderbaren Kauz halten, der nur Leber, Hefe, Orangensaft und Vitamin-C-Tabletten im Kopfe hat. Aber es sind eben immer wieder die gleichen, für alle Menschen lebenswichtigen 40 Nährstoffe.

Wieviel Vitamin C notwendig ist, um eine Fremdsubstanz zu entgiften, hängt davon ab, wieviel von dieser Substanz in den Körper eingedrungen ist.

Um bei gesunden Personen Schäden zu verhüten, werden relativ kleine Mengen Vitamin C gebraucht, besonders wenn genügend Kalzium absorbiert wird. Doch kann es vorkommen, daß viele toxisch wirkende Substanzen gleichzeitig in den Körper eindringen. Ein Mensch z. B., der an einer Allergie leidet und zudem als Industriearbeiter ständig giftigen Chemikalien ausgesetzt ist, erkrankt an einer schweren Infektion, derentwegen er nichts essen kann, aber eine Reihe von Medikamenten schlucken muß. Dieser Mensch muß in solch einer Situation einen geradezu enormen Bedarf an Vitamin C haben. Zum Glück sind selbst große Dosen dieses Vitamins wahrscheinlich nicht schädlich. Jeder Überschuß, der nicht benötigt wird, geht mit dem Urin ab. Die höchsten, bisher bekannten Dosierungen dieses Vitamins hat meines Wissens Dr. Fred Klenner, Direktor des Memorial Hospital in Reidsville, N.C., intravenös bei Patienten, die zu krank waren, um schlucken zu können, gewagt.

Vor einigen Jahren hatte ich das Glück, Dr. Klenner besuchen zu können und seine Vorlesungen zu hören. Er zeigte Krankengeschichten und Fieberkurven und berichtete über zahlreiche Fälle von Hirnhautentzündung, Gehirnentzündung, Lungenentzündungen durch Virusinfektionen und schweren Komplikationen nach Scharlach und anderen Krankheiten, die er mit großen Mengen von Vitamin C behandelt hatte. Viele Patienten waren schon aufgegeben worden, andere hatten ohne Erfolg Antibiotika in hohen Dosen erhalten. Die meisten Patienten hatten Temperaturen um 40°C.

Einige Minuten nachdem man das Vitamin injiziert hatte, fiel das Fieber und die Temperatur erreichte oft innerhalb weniger Stunden das normale Niveau. Gewöhnlich aß der Patient bereits die nächste Mahlzeit mit Appetit und konnte in zwei bis drei Tagen aus dem Krankenhaus entlassen werden. Wieviel Vitamin C gegeben wurde, hing von der Schwere der Krankheit ab. Meistens fing man mit 2000 bis 6000 Milligramm an (2 bis 6 Gramm) und gab vier bis acht Stunden später eine zweite und dritte Injektion von 2000 bis 4000 Milligramm, falls die Temperatur nicht normal blieb; wenn nötig, wurden die Injektionen rund um die Uhr fortgesetzt.

Dr. Klenner erzählte uns von einem 18 Monate alten Mädchen, das an spinaler Kinderlähmung erkrankt war. Die Mutter berichtete, daß bei dem Kind die Lähmung nach einem Krampfanfall aufgetreten und bald danach das Bewußtsein geschwunden sei. Als Dr. Klenner dieses Kind zum erstenmal sah, war der kleine Körper blau, steif und kalt, der Herzschlag nicht zu hören und der Puls nicht fühlbar. Die rektale Temperatur betrug 37,8° C. Das einzige Lebenszeichen war ein schwacher, feuchter Beschlag auf einem vor den Mund gehaltenen Spiegel. Die Mutter war davon überzeugt, daß ihr Kind bereits tot sei. Dr. Klenner spritzte 6000 Milligramm Vitamin C intravenös. Vier Stunden später war das Kind fröhlich und munter, es hielt eine Flasche mit seiner rechten Hand fest, die linke Körperseite war noch gelähmt. Nach einer zweiten Injektion lachte das Kind und hielt seine Flasche in beiden Händen, und alle Zeichen einer Lähmung waren verschwunden. Man kann verstehen, warum Dr. Klenner dieses Vitamin ein »Wunderantibiotikum« nennt. Ein Arzt, der später im Kreiskrankenhaus von Los Angeles überzeugende Resultate bei der Behandlung schwerer Infektionen mit Vitamin C erzielte, war genauso begeistert wie Dr. Klenner und sagte: »Wenn man irgend etwas eine Wunderdroge nennen könnte, dann Vitamin C«.

Bei seinen schwerkranken Patienten sah Dr. Klenner, daß nur wenige Minuten, nachdem er große Dosen Vitamin C gespritzt hatte, im Blut der Kranken keine Spur mehr davon nachzuweisen war. Auch im Urin war kein Vitamin C enthalten. Er glaubt, daß dieses Vitamin sich mit Toxinen (Giften) und/oder Viren verbindet und dadurch das Fieber sinkt. Falls das Fieber später wieder ansteigt, glaubt er, daß man beim ersten Mal zuwenig Vitamin C gegeben hat und ein Virus, das nicht vernichtet wurde, sich wieder vermehrt und einen erneuten Temperaturanstieg veranlaßt hat. Seiner Meinung nach muß man hohe Anfangsdosen geben, später sind dann keine großen Mengen mehr nötig.

Viele andere Forscher haben mit Vitamin C in großen Dosen ausgezeichnete Resultate bei der Behandlung von Pfeifferschem Drüsenfieber, Venenentzündung, Discushernien, Schleimbeutelentzündungen und vielen anderen Erkrankungen erzielt. Um eine möglichst vollständige Sättigung der Gewebe zu erreichen, empfahlen manche Ärzte bei Patienten mit Gelenkentzündung, Gicht, fast allen infektiösen Erkrankungen, bakteriellen Infektionen und Allergien nicht weniger als 1000 Milligramm stündlich ein bis drei Tage lang und die Wiederholung desselben Schemas bei jedem folgenden akuten Anfall. Sie empfahlen auch, dieselben Mengen bei beginnenden Erkältungen oder Infektionen zu nehmen und die Dosis nicht herabzusetzen, bevor nicht alle Symptome verschwunden sind.

Andererseits hat man bei einer leichten Allergie und auch bei Bleivergiftung mit nur 300 Milligramm pro Tag Erfolge erzielt. Doch das sind medizinische Probleme. Unser Problem dagegen ist die Verhütung. Ärzte haben darauf aufmerksam gemacht, daß an Hepatitis oder Pfeifferschem Drüsenfieber erkrankte Patienten oft schon einige Tage krank sind, bevor ein Arzt gerufen und die Diagnose gestellt wird. Wenn es soweit ist, daß die Patienten ins Krankenhaus eingeliefert werden, sind sie gewöhnlich schon in einem schlimmen Zustand.

Wie sich gezeigt hat, ist Vitamin C am wirksamsten, wenn es ganz zu Beginn einer Infektion gegeben wird, zu einem Zeitpunkt, zu dem der Patient meist noch nicht den Arzt gerufen hat. Im Anfangsstadium einer Krankheit kommt man mit relativ kleinen Mengen des Vitamins aus als später, wenn die Krankheit schon fortgeschritten ist. Wird in diesem Moment genügend Vitamin C verabreicht, und zwar zwei- bis dreimal stündlich, am besten zusammen mit Pantothensäure und angereicherter Milch rund um die Uhr, kann eine ernste Krankheit oftmals verhütet werden. Deswegen ist es wünschenswert zu wissen, wann große Mengen Vitamin C benötigt werden und wieviel davon zu nehmen ist. Solches Wissen kann sehr beruhigend sein.

Ich fragte viele Ärzte, die die Ernährungslehre bejahen, ob sie es für empfehlenswert hielten, daß Familien in ihrem Medizinschrank Vitamin-C-Tabletten oder Ascorbinsäure vorrätig hätten, um sie bei beginnender Krankheit anzuwenden. Die Antwort war meistens: »Das ist bestimmt weniger gefährlich als Aspirin!« Verschiedene Ärzte antworten: »Sagen Sie den Leuten, sie könnten Vitamin C nehmen, wenn sie es brauchen; aber sonst sollten sie sich an Orangensaft und andere natürlich Quellen halten.« Andere wieder legten besonderen Wert auf die Feststellung, daß große Anfangsdosen ratsamer seien als häufige kleinere. Bei diesen sei die Gesamtmenge nämlich am Ende größer als die ursprünglich hoch genug angesetzte Dosis.

Ist jemand zu krank, um zu essen oder das Essen bei sich zu behalten, wie es bei vielen Patienten von Dr. Klenner der Fall war, hat man mit Injektionen gute Erfolge. Nimmt man gleich am Anfang einer Krankheit Vitamin C, gibt es jedoch selten solche Probleme. Ab und zu findet man vielleicht unaufgelöste Tabletten im Stuhl, vor allem bei Durchfall. Sollte das der Fall und etwa ein Kind noch zu klein sein, um Tabletten zu schlucken, rate ich den Leuten, 50 Tabletten Vitamin C zu je 500 Milligramm mit einer Tasse heißem Wasser im Mixer gut zu zerkleinern, nach Geschmack mit Honig zu süßen und die Mischung in einem Glasgefäß im Kühlschrank aufzubewahren. Wenn man keinen Mixer hat, kann man die Tabletten auch zerdrücken und in einer Tasse heißem Wasser auflösen. Jeder Teelöffel dieser Lösung enthält 500 Milligramm. Löst man 100 Tabletten zu je 500 Milligramm in einer Tasse Wasser auf, kommen auf jeden Teelöffel 1000 Milligramm (= 1 Gramm) des Vitamins; dementsprechend geben 200 Tabletten pro Tasse Wasser eine Lösung von 2000 Milligramm Vitamin C pro Teelöffel usw. Diese Lösungen sind durchaus wohlschmeckend. Man kann auch Vitamin-C-Kautabletten bekommen, die Kinder gerne essen, und Vitamin C in Pulverform (Ascorbinsäure), das man gekochten oder konservierten Früchten oder Obstsäften beifügen kann. Da das synthetische Vitamin nicht die Enzyme enthält, die man in der natürlichen Nahrung findet, verträgt es Hitze und Lagerung recht gut. Falls man es mit ungekochten Früchten oder Säften zusammengibt, kann es schnell durch Enzyme zerstört werden.

Obwohl ich noch nie in der Nacht bei einem kranken Kinde gewacht habe, so ist mir doch eines klar: Ein bis zwei Stunden ein Teelöffel oder mehr Vitamin C kann bei einem fiebernden Kind eine Gottesgabe sein, besonders dann, wenn der Arzt nicht zu erreichen ist. Das Wissen darum, daß dieses Vitamin als Nothelfer bereitsteht, hat mir als Mutter das Leben sehr erleichtert, und ich bin sicher, daß andere Mütter mir zustimmen. Als erläuterndes Beispiel nur diese kleine Geschichte: Der kleine Junge einer Freundin von mir, damals das einzige Kind, starb an Hirnhautentzündung. Drei weitere Kinder wurden erst später geboren. Die Angst dieser Mutter, daß einem der Kinder gleichfalls etwas geschehen könne, vergiftete nun ihr ganzes Leben und auch das der Kinder. Die Kinder durften kein öffentliches Schwimmbad besuchen und mußten größere Ansammlungen von Menschen meiden. Die Mutter sammelte Zeitungs- und Zeitschriftenartikel, die über Krankheiten handelten. Sie achtete übertrieben auf Hygiene und lebte in ständiger Angst. Vor kurzem sah ich sie nach vielen Jahren wieder. Die Kinder waren in einem Park beim Schwimmen. Ich machte eine Bemerkung über die Änderung ihrer Haltung. »Ich habe der Kinder wegen nie mehr Angst«, sagte sie, »beim ersten Zeichen einer Erkältung gebe ich ihnen zusätzlich Vitamin C. Die Kinder waren schon seit Jahren keinen Tag mehr krank.«

Meine erste persönliche Erfahrung mit großen Mengen Vitamin C machte ich, als unser Sohn, damals fünf Jahre alt, Mumps (Ziegenpeter) bekam. Eines Morgens beim Erwachen war der Anblick unmißverständlich.

Ab 7 Uhr morgens gab ich ihm, solange er wach war, jede Stunde 1000 Milligramm aufgelöstes Vitamin C. Im ganzen gab ich ihm an diesem Tag 10000 Milligramm. Abends waren alle Anschwellungen verschwunden und man bemerkte nichts mehr von der Krankheit. Innerhalb der nächsten zwei Monate hatte jeder in unserer Familie diesen »Eintagsziegenpeter«. Die Kinder überstanden alle Kinderkrankheiten auf die gleiche, angenehme Weise. Sie waren weder schlechter Laune, noch fühlten sie sich unwohl oder mußten erbrechen. Sie ließen keine Mahlzeit aus und hatten kein Fieber mehr, nachdem ich ihnen Vitamin C gegeben hatte.

Wieviel Vitamin C nötig ist, hängt von der Art und dem Schweregrad der Krankheit ab, auch davon, ob es sich um eine akute oder chronische Erkrankung handelt. Gewöhnlich muß man zuerst die Gewebe mit großen Mengen Vitamin C sättigen, später kann man dann weniger nehmen. Leute, die an Arthritis, Asthma oder unter anderen chronischen Krankheiten leiden, haben oft monate- oder sogar jahrelang Medikamente eingenommen. Diese Substanzen müssen offenbar zuerst entgiftet sein, bevor Vitamin C die Gewebe erreichen kann. Es ist beinahe unvorstellbar, wieviel Vitamin C durch Arzneimittel vernichtet werden kann. Man weiß schon seit sehr langer Zeit, daß kein Vitamin C ausgeschieden wird, bevor nicht alle Körpergewebe gesättigt sind, Überschüssiges aber mit dem Urin abgeht. Schon mit 200 Milligramm oder weniger Vitamin C pro Tag können die Gewebe eines gesunden Menschen gesättigt sein. Doch fand ich eine Arbeit über den Vitamin-C-Bedarf von Leuten, die gewisse Beruhigungsmittel, sogenannte »Tranquilizer«, nehmen. Bei manchen dieser Personen fand man erst bei einer täglichen Dosis von 15 Gramm (15 000 Milligramm) Vitamin C im Urin.

Wenn ich Ernährungsvorschläge zusammenstelle, gebe ich meistens den Rat, jedesmal, wenn man ein Medikament einnimmt, 500 Milligramm Vitamin C dazuzunehmen und beim etwaigen Auftreten blauer Flecken die Dosis noch zu erhöhen, bis der Arzt die Einnahme von Medikamenten nicht mehr vorschreibt. Es ist bekannt, daß Vitamin C die Wirkung jedes Medikaments erhöht und gleichzeitig deren giftige Wirkung herabsetzt.

Wieviel Vitamin C verschiedene Menschen unter verschiedenen Umständen brauchen, wird man mit absoluter Sicherheit wohl nie wissen. Täglich ändert sich der Bedarf. Fast jeder ist heutzutage gefährdet, sei es durch chemische Stoffe, die bei der Wasseraufbereitung verwendet werden, durch die Luftverschmutzung oder durch Tabakrauch, oder sei es durch Arsenverbindungen, DDT und andere Schädlingsbekämpfungsmittel, deren Spuren sich in Obst, Gemüse, Fleisch oder Milch finden. Viele Leute nehmen ab und zu Medikamente und fast alle werden Jahr für Jahr durch eine oder mehrere Infektionen bedroht. Jeder Mensch muß entsprechend den Symptomen und der schädlichen Einflüsse, denen er unterliegt, selbst herausfinden, wieviel er braucht.

Wollen Sie große Mengen Vitamin C zu sich nehmen, müssen Sie zuerst sicher sein, daß Ihre Ernährung in jeder Hinsicht vollwertig ist. Unter normalen Umständen sollten Sie sich zunächst an die natürlichen Quellen halten: täglich als Nachspeise oder Zwischenmahlzeit ein oder zwei Orangen, ein Glas Orangensaft, Salate und frisches Obst. Achten Sie auf blaue Flecken, denn dann wissen Sie, ob Sie genügend Vitamin C erhalten. Gegebenenfalls können Sie zusätzlich Vitamin C in Tablettenform, als Lösung oder Pulver nehmen.

Große Mengen Vitamin C sind offensichtlich nie schädlich. Gelegentlich bekommt jemand, der Vitamin-C-Tabletten in großen Mengen nimmt, einen Hautausschlag. Doch wird dieser wahrscheinlich nicht durch das Vitamin, sondern durch die Füllsubstanz, die die Tabletten zusammenhält, bewirkt. Dieses Problem ist leicht zu lösen, indem man ein anderes Fabrikat kauft oder auf Pulver umstellt. Wenn die Zufuhr an Vitamin C den Bedarf weit übersteigt, kann es gelegentlich zu Durchfällen kommen. In diesem Falle sollte man weniger Vitamin nehmen oder eine Zeitlang ganz aussetzen. Große Mengen Vitamin C können auch harntreibend wirken, was durchaus erwünscht sein kann, wenn die Gewebe zuviel Wasser enthalten. Da jede Entwässerung von Durst begleitet ist, werden übermäßige Wasserverluste jedoch wieder ausgeglichen. Bei einem Telefongespräch sagte Dr. Klenner mir vor kurzem, daß er jetzt bei Schwerkranken 50 bis 100 Gramm Vitamin C (50000 bis 100000 Milligramm) mit 5prozentiger Traubenzuckerlösung in die Vene spritzt. Sobald sie dazu in der Lage sind, läßt er die Kranken so viel Vitamin C schlucken, wie sie ohne Durchfälle vertragen. Ein Problem, das sich bei intravenöser Verabreichung nicht stellt.

Er sagte ferner, daß hochbetagte Leute, vor allem anscheinend hoffnungslos Kranke mit schweren Lungenentzündungen sich oft schon nach einer einzigen Vitamin-C-Injektion erstaunlich erholten. Manchmal allerdings mußte am zweiten Tag noch eine weitere Injektion von 30 Gramm gegeben werden.

Auch die Behandlung schwerer Verbrennungen mit großen Dosen Vitamin C ist nach Dr. Klenners Ansicht außerordentlich lohnend. Die Schmerzen verschwänden so schnell, daß schmerzstillende Medikamente oft nicht nötig seien, die Wundheilung verliefe rasch und sauber und man könne oft von Hauttransplantationen absehen. Sogar offene Brandwunden heilten schneller, wenn sie in Intervallen von wenigen Stunden mit einer 3prozentigen Lösung von Vitamin C besprüht oder mit Tüchern, die mit dieser Lösung getränkt waren, abgedeckt wurden. Die Patienten empfanden dies als besonders lindernd. Eine solche Lösung kann man mit 12 Tabletten Vitamin C zu 500 Milligramm und einer Tasse Wasser zubereiten.

»Wir nehmen arthritische Krüppel auf und schicken sie wieder zurück an die Arbeit«, sagte Dr. Klenner begeistert. »Sogar die schlimmsten Fälle sind in 6 Monaten wiederhergestellt.« Jeder dieser Kranken, so fügte er hinzu, müsse täglich 10 Gramm (10000 Milligramm) schlucken. Diese außerordentlich große Menge würde gut und ohne Durchfall vertragen, wenn die Patienten mit nur einer Tablette (500 Milligramm) zu jeder Mahlzeit und vor dem Schlafengehen begännen und nach einem oder zwei Tagen die Dosis um 1000 Milligramm täglich erhöhten, bis sie viermal pro Tag 5 Tabletten oder 2500 Milligramm nähmen. Die Menge von 10 Gramm pro Tag wird auch nach vollständiger Genesung beibehalten. Als ich fragte, wieviel Vitamin C unter diesen Bedingungen im Urin ausgeschieden würde, gab er zur Antwort, daß das erstaunlich wenig sei. Er wiederholte noch einmal mit Nachdruck, daß Vitamin C die Wirkung aller Medikamente erhöhe, obwohl ein großer Teil des Vitamins selbst durch das Arzneimittel vernichtet werde.

Dr. Klenner ist noch immer begeistert von der Wirksamkeit des Vitamins in großen Dosen bei der Behandlung aller Arten von Infektionen, Allergien, Schlangenbissen und Insektenstichen und jener Vielzahl von Erkrankungen, die als Streßfolgen bezeichnet werden können. Nach 25 Jahren klinischer Untersuchungen ist dieser wunderbare Arzt davon überzeugt, daß Vitamin C erheblich weniger gefährlich, dafür aber wesentlich wertvoller als die meisten Medikamente ist.

Seiner Meinung nach ist es das Antibiotikum überhaupt.

Quelle: Adelle Davis: „Jeder kann gesund sein“, Originaltitel: „Let’s eat right to keep fit“ (1970) – Das Buch ist in Deutschland leider nicht mehr erhältlich.

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