Biotina


Medikamentenrückstände

verbleiben Jahrzehnte im Grundwasser

Die Rückstände von Schlafmitteln, die vor 40 Jahren hergestellt wurden und inzwischen nicht mehr verwendet werden, sind auch heute noch in der Umwelt nachweisbar. Erst kürzlich hatte ein Test Medikamentenrückstände im Trinkwasser einiger Städte entdeckt.

Insbesondere in den 50er- und 60er-Jahren gab es ein breites Angebot an Barbituraten. Die Medikamente wurden damals unter anderem in der Anästhesie und als Beruhigungs- und Schlafmittel eingesetzt. Die Verwendung der Barbiturate wurde Anfang der 70er-Jahre aufgrund von Suchtgefahr und Missbrauch mit oftmals fatalen Folgen durch Überdosierung drastisch eingeschränkt, sodass heute nur noch zwei dieser Wirkstoffe in der Humanmedizin Verwendung finden.

Eine Forschungsgruppe der Europa Fachhochschule Fresenius unter Leitung von Prof. Dr. Thomas Knepper hat nun deutsche Gewässer auf Rückstände von Barbituraten untersucht und herausgefunden, dass noch Jahrzehnte nach deren Verwendung Rückstände dieser Beruhigungsmittel vereinzelt in Grundwasser sowie im Flusswasser der Mulde, einem Nebenfluss der Elbe, nachweisbar sind.

Mit einer empfindlichen Messmethode wurden die Barbiturate Butalbital, Secobarbital, Hexobarbital, Aprobarbital, Phenobarbital sowie Pentobarbital im Spurenbereich bis zu 1 Nanogramm pro Liter gefunden. Die entdeckten Mengen der Barbiturate unterschreiten zwar die Schwelle, die beim Menschen notwendig wäre, eine Wirkung hervorzurufen. Wie sich allerdings das Vorkommen dieser Schlafmittel auf die aquatische Umwelt und in Kombination mit anderen Schadstoffen auswirkt, ist noch unklar.

Erst kürzlich hatte ein Test der Zeitschrift „Der Feinschmecker“ ergeben, dass das Leitungswasser in Berlin, Dortmund und Essen zum Teil besonders hoch mit Arzneimittelrückständen belastet ist. In elf deutschen Städten hatten Mitarbeiter des Magazins Leitungswasser aus öffentlichen Gebäuden und Privatwohnungen in Laborflaschen gefüllt und zur chemischen Analyse ins Institut von Prof. Dr. Walter Jäger nach Tübingen geschickt. Ergebnis: Überraschend hohe Werte an Röntgenkontrastmitteln und Anti-Epilepsie-Medikamenten fanden sich im Leitungswasser aus dem Berliner Reichstag sowie aus Essener und Dortmunder Wohnungen. Von Medikamentenrückständen unbelastet ist nach den Testergebnissen das Leitungswässer aus Westerland/Sylt, Hamburg, Dresden, Leipzig, Köln, Frankfurt, Stuttgart und München.

WANC 16.08.06

Stille Wasser sind tief: Worüber man nicht spricht

In einer ökotoxikologischen Studie der Universität Frankfurt (am 10. März veröffentlicht) wurde erneut auf weibliche Sexualhormone im Trinkwasser hingewiesen. Diese körperfremden Stoffe (Xenohormone oder Endokrine Disruptoren) entstammen hauptsächlich Kunststoffverpackungen, die auch andere Lebensmittel verunreinigen können. In der Vergangenheit wurde häufig auf Kontamination des Trinkwassers mit Medikamentenrückständen und Hormonen hingewiesen. Neu an der vorgestellten Studie ist die direkte Verbindung zwischen Plastikverpackungen und Reproduktionsaktivität primitiver, asexueller Organismen. Man verwendete den Modellorganismus Potamopyrgus antipodarum: Eine kleine ‚weibliche‘ Schnecke,  die sich über Jungfernzeugung vermehrt (Pathenogenese). Unabhängig von der Verschmutzung des Trinkwassers durch Medikamente und andere Stoffe, die mit dem menschlichen Körper interagieren, konnte man hier auch in vitro (also nicht im Organismus sondern unter kontrollierten Bedingungen im künstlichen System) Östrogenderivate nachweisen, die man auf Plastikverpackungen zurückführen konnte.

Ich rate Wasser aus Glasflaschen zu trinken. Oder aus dem Hahn. Oder was soll man sonst machen?

*Die Informationen dürfen auf keinen Fall als Ersatz für eine professionelle Beratung oder Behandlung durch ausgebildete und anerkannte Therapeuten angesehen werden. Der Inhalt der Beschreibungen kann und darf nicht verwendet werden, um eigenständig Diagnosen zu stellen oder Behandlungen zu beginnen.

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