Biotina


Schlußwort

Seit drei Jahrzehnten gehören der Name Adelle Davis und Ernährung zusammen. Ihre nachdenklich stimmenden Ansichten und ihr anregender Stil nahmen die Aufmerksamkeit der Leser ihrer Bücher und der Hörer ihrer Vorträge gefangen. Die tiefe Sorge um den schlechten Gesundheitszustand der Menschen, die zu wenig über Ernährung wissen, und ihre Hoffnungen auf eine bessere Zukunft durch eine vernünftige Ernährung sind das Herzstück ihrer leidenschaftlichen Botschaft. Sie trat für ihren Standpunkt ein, als sich noch kaum jemand für die vernünftige Anwendung wichtiger Entdeckungen auf dem Gebiete der Ernährung um des allgemeinen Wohlergehens willen einsetzte. Als hingebungsvolle Pionierin verfolgte sie ihr Ziel, kämpfte für ihre Vision und ließ sich nicht von den schlecht informierten Skeptikern und Kritikern ihrer Zeit beeindrucken. Allmählich wurden ihre großen Anstrengungen belohnt und sie erreichte ihre wichtigsten Ziele. Die grundlegende Richtigkeit ihres Traums .von einer besseren Gesundheit durch entsprechende Ernährung wurde von Millionen Lesern ihrer Bücher erkannt: »Jeder kann gesund sein«, »Gesund bleiben — ein Leben lang«.

»Wir wollen gesunde Kinder« wurde neu aufgelegt und überarbeitet für Leser, die gewisse grundlegende ernährungsphysiologische Fakten anerkennen und wissen, daß Gesundheit zu einem großen Teil die biologische Summierung und Widerspiegelung der Quantität und Qualität jener Nährstoffe ist, die der Körper braucht, um voll leistungsfähig zu sein.

Die Überarbeitung dieses Buches war ein umfangreiches Unternehmen, da viele hoch qualifizierte Forscher wichtige Artikel in den Basiswissenschaften und auf den klinischen Gebieten der Ernährung (Diätetik) veröffentlicht hatten, seit dieses Buch zum ersten Mal erschienen war. Aber der Grundstein dieses Buches ist die ursprüngliche Arbeit von Adelle Davis.

Adelle Davis brachte viel Enthusiasmus mit, der Öffentlichkeit ihr Wissen um die neuen ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse zu vermitteln. Ihr oberstes Ziel war die Realisierung ihres Traums von »prächtigen, starken und schönen Kindern«. Freilich hat sich seither auf diesem Felde der Wissenschaft viel geändert, und eine gründliche Überarbeitung, auch mancher voreiliger Schlüsse, war nötig geworden.

Adelle Davis‘ Absicht war es, die Eltern erkennen zu lassen, daß sie große Verantwortung für ihre Kinder tragen und daß ihre Entscheidungen lebenslange Folgen haben können. Ihr Ziel war es, Eltern und Kinder zu einer optimalen Ernährungsweise anzuleiten.

Als im Jahre 1951 das Buch zum ersten Mal erschien, war die Bedeutung der Ernährung für eine gute gesundheitliche Verfassung und für die Vorbeugung noch unterschätzt worden. In der Ärzteschaft fand die Auffassung, Ernährung könne in der Medizin einen wichtigen Faktor darstellen, keine Resonanz. Im Lehrplan an den medizinischen Fakultäten wurde der Ernährung leider allzu oft zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Folglich waren sich die Studenten, die bald Ärzte sein sollten, nicht bewußt, daß ihre Ausbildung einen schweren Mangel auf einem wichtigen Gebiet medizinischer Praxis aufweist. Nach ihrem Examen und ihrer Niederlassung glaubten sie ernsthaft, über alle wichtigen medizinischen Erkenntnisse ihrer Zeit Bescheid zu wissen. Pech für sie und ihre Patienten, daß ihre Lehrer nicht die einfache, aber grundlegende Wahrheit unterstrichen hatten, daß »wir sind, was wir essen«. Die moderne Ärzteschaft glaubte, daß Ernährung Kalorien, Fette, Kohlehydrate, Proteine und einige Vitamine und Mineralstoffe bedeutet und sich auch darauf beschränkt. Eine Untersuchung der American Medical Association kam zu dem Ergebnis, daß »medizinische Ausbildung und Praxis nicht mit den riesigen Fortschritten in der Ernährungswissenschaft Schritt gehalten hat« und daß »diesem Thema in den medizinischen Fakultäten zu geringe Beachtung, Unterstützung und Aufmerksamkeit geschenkt wird«.

Als Biochemiker zusammen mit einigen der ersten Ernährungswissenschaftlern, einigen Ärzten und Laien anfingen, den wichtigen Zusammenhang von körperlicher und geistiger Gesundheit und Ernährung zu diskutieren, bezeichneten medizinische Autoritäten diese besorgten und meist gut informierten Menschen als »Quacksalber« und als »Ernährungsphantasten«. Die meisten dieser Attacken waren nicht gerechtfertigt. Die vernünftige Anwendung gesunder Ernährungsprinzipien ist und war mit Sicherheit nicht die Domäne von Quacksalbern. Leider gibt es tatsächlich Scharlatane; auf allen Gebieten, mit denen sich der Mensch beschäftigt, gibt es unehrliche und selbstsüchtige Leute, genau wie es immer die Leichtgläubigen oder Verzweifelten geben wird, die ihnen Glauben schenken.

Adelle Davis wurde von Ärzten kritisiert, die großenteils ganz grundsätzlich an der Bedeutung dieser Wissenschaft zweifelten. Diese Art von Kritik brachte sie zu der Überzeugung, daß sie schreien müsse, um gehört zu werden. Adelle Davis mußte sich immer wieder grundsätzlich äußern, um diese Mauer der Ignoranz und die oft unfairen und emotionalen Reaktionen zu durchbrechen.

Wenn ich zurückschaue auf die letzten dreißig Jahre, kann ich nicht umhin festzustellen, daß Adelle Davis der Öffentlichkeit einen wichtigen Dienst erwiesen hat, für den wir ihr Dank und Respekt schulden. Es ist wirklich bedauerlich, daß selbst heute noch an den meisten medizinischen Hochschulen, an denen unsere Ärzte ausgebildet werden, weiterführende Kurse in Ernährungswissenschaft nicht integraler Bestandteil des Curriculums sind.

Doch immerhin greift heute eine wachsende Zahl von Ärzten in ihrer Praxis auch auf Ernährungstherapien zurück. Immer mehr Bücher erscheinen zu diesem Thema. An den Universitäten gibt es Aufbaustudiengänge für klinische Ernährungswissenschaften. Überall im Lande werden auch schon für Studenten Kurse in Ernährungswissenschaft angeboten. So viele Menschen, Professionelle und Laien, machen sich inzwischen zum Anwalt gesunder Ernährung, daß man mit der New York Times sagen kann, »Ernährung ist das Thema der 80er Jahre«.

Dennoch dürfen wir uns nicht einlullen lassen, noch längst ist nicht alles gut. Der technische Fortschritt hat uns zum größten Nahrungsmittelproduzenten der Welt gemacht, aber Qualität, Integrität und Vernunft haben nicht Schritt gehalten mit der Quantität. Und aus lauter Bequemlichkeit haben wir unsere Nahrung derart verarbeitet, denaturiert und konserviert, daß es schwierig ist, sich noch gesund zu ernähren.

In unserem Land des Überflusses ist Mangelernährung immer noch ein schwerwiegendes Problem, und vielfältige Ernährungsmängel sind der Hauptgrund für viele Degenerationserscheinungen und die wichtigste Todesursache. Auch Überernährung spielt bei manchen Gesundheitsstörungen eine Rolle. Als ob das noch nicht genug wäre, werden wir überflutet mit Pestiziden, Herbiziden und chemischen Schadstoffen, die die Luft, die Nahrung und das Wasser verpesten, ohne das wir nicht überleben können.

Adelle Davis beschäftigte sich zwar mit allen Aspekten der Ernährung, richtete ihr besonderes Augenmerk aber auf die wichtigsten Nährstoffbedürfnisse schwangerer Frauen und ihrer ungeborenen Kinder und von Kindern aller Altersstufen. Nach wie vor brauchen wir auf diesen Gebieten noch mehr Informationen, die auch für ein breites Publikum zugänglich gemacht werden müssen.

Eine der größten Verantwortungen, die Mütter und Väter zu tragen haben, ist, ihren Kindern einen guten Start ins Leben zu geben. Mit dem guten Beispiel der Eltern und vernünftigen Instruktionen werden unsere Kinder in der Lage sein, selbst die für sie richtige Nahrung auszuwählen; eine Nahrung, die sie ihre körperlichen und geistigen Kräfte voll entfalten läßt und ihnen zu einem gesünderen, längeren Leben verhilft. Das letzte Wort über Ernährung ist noch nicht gesprochen. Das Bild ist noch unvollständig. Es bleibt eine faszinierende, lebendige und wachsende Wissenschaft in ständiger Entwicklung, die immer größere Beachtung im Gesundheitssektor findet. Die Entdeckungen von heute modifizieren und ergänzen die von gestern. Und einige derer, die sich auf dem Feld der Ernährung tummeln, werden, um mit den Worten des hervorragenden Biochemikers und Ernährungswissenschaftlers Roger J. Williams zu sprechen, »den psychischen Schock erleben, daß Annahmen, die sie seit langem für bewiesen hielten, angezweifelt werden«. Aber sie werden den Schock überleben.

Wir wissen aus Erfahrung, daß wissenschaftliche Ergebnisse selten ewige Gültigkeit besitzen. Jeder Forscher weiß, daß er allem Neuen gegenüber aufgeschlossen bleiben muß, um die neuesten ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse würdigen, verarbeiten und darauf aufbauen zu können. Liebgewordene Theorien, Thesen und Ansichten müssen verworfen werden, wenn neue Entdeckungen zeigen, daß sie ihre Gültigkeit oder ihren Nutzen verloren haben. Meine Mitarbeiter und ich sind dankbar, daß wir den Beitrag von Adelle Davis auf den neuesten Stand bringen durften. Voll Mut, Entschlossenheit und Enthusiasmus erfüllte sie ihre bedeutungsvolle Aufgabe, das Wissen um Ernährung unter die Menschen zu bringen. Ich danke allen Ernährungsexperten, die Zeit und Energie in die Bearbeitung dieses Buches gesteckt haben, von dem wir hoffen, daß es dem Leser eine Hilfe ist in seinem Bemühen um das kostbarste Geschenk, das uns das Leben bietet, unsere gute Gesundheit.

Noch einmal muß hier darauf hingewiesen werden, daß Sie, der Leser, keine folgenschweren Entscheidungen über die Ernährung Ihres Kindes oder seine medizinischen Bedürfnisse treffen dürfen, ohne vorher Ihren ernährungsorientierten Kinderarzt, Hausarzt oder Internisten konsultiert zu haben.

Prof. Dr. Marshall Mandell Universität Bridgeport

Anmerkung

Die in diesem Buch angeführten Ideen, Verfahren und Vorschläge sollen keine Konsultation des Arztes ersetzen. Alles, was Ihre Gesundheit und die Gesundheit Ihrer Kinder betrifft, bedarf der ärztlichen Kontrolle. Ganz besonders gilt das für den Krankheitsfall oder im Falle chronischer Leiden. Unser Vorschlag lautet, dieses Buch als Diskussionsgrundlage für Ihr Gespräch mit einem Ernährungsfragen gegenüber aufgeschlossenen Arzt zu nehmen.

Um dieses Buch voll nutzen zu können, ist eine gute Nährwerttabelle unerläßlich. Wir empfehlen die Anschaffung des preiswerten Werkes DIE GROSSE NÄHRWERTTABELLE von Prof. Dr. med. H.-D. Cremer (Gräfe und Unzer Verlag, Isabellastr. 32, 8000 München 40).

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