Biotina


Das Baby ist krank

Wenn sich die Frau in der Schwangerschaft ausgezeichnet ernährt und ihr Kind gestillt oder mit einer hochwertigen Flaschennahrung aufgezogen wird, tauchen kaum je ernsthafte Probleme auf. Nicht alle Kinder sind indes so glücklich. Die beiden folgenden Kapitel sollten für Mütter und Ärzte eine Hilfe sein, was im Falle von Störungen zu tun ist.

Koliken

Für Koliken scheint es viele Ursachen zu geben; sie sind ein Allerweltsbegriff, der immer dann verwendet wird, wenn man nach der Ursache für lautes, anhaltendes Schreien sucht. So kann zum Beispiel die nervöse Anspannung einer besorgten, unerfahrenen Mutter ein Kind so durcheinanderbringen, daß es Probleme mit der Verdauung bekommt; die unverdaute Nahrung regt das Wachstum der Darmbakterien an, die so viel Gas produzieren, daß es zu schmerzhaften Blähungen oder Koliken kommt. Die Kolik nun wiederum versetzt die Mutter in Aufregung, die Verdauung des Säuglings wird noch schlechter und die Kolik hält an. Dazu beeinträchtigt ein Vitamin-B-Mangel noch die Verdauung, wodurch sich noch mehr Gase bilden. Schmerzen, die als Kolik bezeichnet werden, können auch durch Darmkrämpfe entstehen, die die Folge eines Magnesium-, Kalzium- oder Vitamin-B6-Mangels sind.

Bei Frauen, die während der Schwangerschaft ungewöhnlichen Streßbedingungen ausgesetzt waren, kann es sein, daß die Nebennierendrüsen des Säuglings in Mitleidenschaft gezogen sind. Die Mutter hatte möglicherweise einen niedrigen Blutzuckerspiegel oder Allergien oder sie hatte sich einer, in ernährungsphysiologischer Hinsicht unzureichenden Schlankheitskur unterzogen. In jedem Fall sind ihre eigenen Nebennierendrüsen und die ihres Kindes erschöpft.

Instinktiv wollen die Mütter meist ein Kind, das heftig schreit, füttern. Da ein Kind mit kolikartigen Schmerzen seine Nahrung nur unvollständig verdaut, werden die Schmerzen noch schlimmer, wenn man es füttert. Wenn es gestillt wird, sollte man es am besten mit häufigem, aber kurzem Stillen versuchen; in der Zwischenzeit kann man es mit einem Schnuller zufriedenstellen. Sie sollten Ihre Milch jedoch manuell abdrücken, damit sie später, wenn Sie sie wieder brauchen, nicht weniger geworden ist.

Verbessern Sie auch Ihre eigene Ernährung und versuchen Sie, mehr Schlaf zu bekommen, damit Sie entspannt sind.

Wenn die Nahrung Ihres Kindes irgendeinen anderen Zucker als Laktose enthält, dürfen Sie ihm diese Nahrung ab sofort nicht mehr geben. Statt dessen geben Sie ihm vielleicht eine mit Joghurt oder Bioghurt gesäuerte Flaschennahrung, da beides leicht verdaulich ist; oder Sie fügen der Nahrung wenigstens so viel Joghurt- oder Bioghurtkultur zu, daß das Wachstum der wertvollen Darmbakterien angeregt und die gasbildenden Bakterien zerstört werden. Man kann die Flaschennahrung einige Tage lang aus salzfreier oder salzarmer Milch, die man in Drogerien bekommt, zubereiten. Man sollte mit all diesen Mittelchen aufhören, wenn sich nicht bald ein Erfolg zeigt. Ißt das Kind bereits Festnahrung, darf es nichts Gesalzenes bekommen. Um seine Verdauung zu fördern, kann man 1/4 Teelöffel Verdauungsenzyme, die es flüssig oder in Pulver- oder Körnerform gibt, direkt vor dem Füttern in die Flaschennahrung geben. Ein Teelöffel eines beliebigen Verdauungspräparats enthält 4 g Pancreatinum, 50 mg Pepsin, 0,5 g Betainhydrochlorid, 0,5 g Papain und 1 g Gallenextrakt. Diese Maßnahmen sollten eigentlich nur vorübergehend ergriffen und beendet werden, wenn die Kolik vorüber ist.

Es gibt eine Theorie, wonach Koliken selten sind, wenn sich die Mutter in der Schwangerschaft nicht so unzureichend ernährt hat, daß es zu einer Überlastung der Nebennierendrüsen des Kindes kommen konnte. Wenn sich der Zustand dieser Drüsen nicht bessert, ist mit Problemen zu rechnen, die im Gefolge von Nebennierendrüsenstörungen entstehen; dazu gehören auch Allergien, niedriger Blutzucker und alle möglichen anderen Beschwerden.

Kopfschorf oder Gneis

Viele Ärzte halten den krustigen, gelben Schorf auf dem Kopf von Neugeborenen für eine seborrhoische Dermatitis; wenn das Kind dichtes Haar hat, wirkt er tatsächlich oft so, als wären es nur Schuppen. Bei Freiwilligen erzeugte man durch einen Vitamin-B6-Mangel eine seborrhoische Dermatitis. Auch Zink kann eine Rolle spielen, da es als Katalysator für das Enzym wirkt, das Protein in der Haut und wahrscheinlich auch im Haar einlagert. Der Schorf ist meist nur bei Kindern zu finden, deren Vitamin-B6-Bedarf ungewöhnlich hoch ist — manche brauchen vier- bis zwanzigmal mehr als andere — oder wenn bei der Mutter während der Schwangerschaft ein entsprechender Mangel vorlag. Vitamin-B6-Mängel in der Schwangerschaft sind keine Seltenheit. Die meisten Säuglinge brauchen 3 bis 10 mg Vitamin B6 pro Tag.

In Muttermilch ist im Vergleich zur Kuhmilch nur wenig Vitamin B6 enthalten, aber wenn die Mutter dieses Vitamin nimmt, steigt auch der entsprechende Anteil in ihrer Milch. Allerdings wird Vitamin B6 nur schlecht resorbiert oder ausgenutzt, wenn Magnesium fehlt. Bei Brustkindern verschwindet der Kopfschorf gewöhnlich bald, wenn die Mutter täglich Hefe, Leber, 250 mg Magnesiumoxid und evtl. 25 mg Vitamin B6 bekommt. Bei Flaschenkindern verschwindet der Kopfschorf meist bald, wenn der Anteil von Joghurt oder Bioghurt und Magnesium in der Flaschennahrung erhöht und 10 mg Vitamin B6 pro Tag zugesetzt werden.

Vitamin B6 wird nicht immer gut resorbiert. Wenn man aber eine Vitamin-B6-haltige Salbe auf die Haut aufträgt, verschwindet die seborrhoische Dermatitis bald. Solch eine lindernde Salbe bekommt man im Reformhaus. Wenn sie nicht erhältlich ist, kann man einige Tabletten Vitamin B6 zerstoßen, mit Pflanzenöl oder Sahne verrühren und die Mischung mehrmals dünn auf den Kopf des Kindes auftragen.

Wundsein

Kinder, deren Mütter in der Schwangerschaft kränklich waren, sind manchmal schon wund, noch bevor sie eine Woche alt sind. Besonders schnell geht das, wenn sie auf der Entbindungsstation Zuckerwasser oder eine stark zuckerhaltige Nahrung (mit Ausnahme von Laktose) bekamen. Auch bei Flaschennahrung auf Magermilch- oder Sojamilchbasis, durch die es zu einem Linolsäuremangel kommt, werden die Säuglinge sehr schnell wund. Die Haut erholt sich, sobald man ihnen die essentiellen Fettsäuren zufügt. Körperfett, das die Haut produziert, schützt vor Reizungen; solche Fette bestehen aber nur aus ungesättigten Fettsäuren, sie können nicht synthetisiert werden, wenn die Säuren nicht in der Nahrung enthalten sind. Linolsäure ist sowohl in der Mutter- als auch in der Kuhmilch enthalten. Wundsein stellt zwar selten ein Problem dar, wenn der Säugling ausreichend essentielle Nährstoffe bekommt, jedoch wurden Säuglinge, die mit einer Flaschennahrung auf Sojamilch- oder Magermilchbasis ernährt wurden, alle sehr wund, und ganz schlimm waren die Sojamilch-Babys dran.

Bei Säuglingen besteht nach der Geburt ein Mangel an den fettlöslichen Vitaminen A, D, E und K, da das Fett nur schwer durch die Plazenta dringt. Durch den Vitamin-A- und -E-Mangel sind sie besonders anfällig für Hautreizungen und andere Störungen. Sind sie sehr wund, erhöht man drei bis vier Tage lang die Vitamin-A-Zufuhr — enthalten in Heilbuttleberöl — auf 15 000 I. E., die zusammen mit 400 I. E. Vitamin E verabreicht werden. Vitamin A, D und Vitamin-E-Tropfen, gewonnen aus natürlichem d-alpha-Tokopherol und Lebertran, lassen die Haut schneller heilen als wasserlösliches Vitamin A, vorausgesetzt, Vitamin E ist dabei. Vitamin A in Öl, der Inhalt einer Vitamin-E-Kapsel oder Vitamin-E-Salbe kann direkt auf die entzündeten Stellen aufgetragen werden. All das wirkt offenbar lindernd, und oft tritt die Besserung schon nach einer Stunde ein.

Manche Mütter reiben die Haut des Säuglings dick mit Mineralöl (Vaseline) ein, das als »feines Babyöl« verkauft wird. Das Öl kann durch die Haut dringen, ins Blut gelangen und Vitamin A, D, E und K aufnehmen, bis es mit dem Stuhl ausgeschieden wird. Da dem Körper auf diese Weise die so dringend benötigten Vitamine entzogen werden, sollte man unter keinen Umständen solches Mineralöl nehmen, während dagegen pflanzliche Öle der Haut einen guten Schutz verleihen.

Soor

Eine schwere Form des Wundseins ist der Soor, der vor allem bei Flaschenkindern und Kindern, deren Mütter eine Hefepilzentzündung in der Scheide hatten, auftritt. Zu Soor kommt es gern infolge eines Vitamin-A-Mangels. Die Krankheit wird durch einen Pilz, Candida albicans oder Monilia albicans verursacht; offenbar entsteht er dann, wenn die Darmbakterien kein Vitamin B synthetisieren. Oral eingenommene Antibiotika können durch Abtöten dieser Bakterien einen solchen Vitaminmangel entstehen lassen und sind heutzutage vielfach die Ursache von Soor. Fehlt Vitamin B, gedeiht der Pilz im Darm und breitet sich auf der Haut um den Anus aus. Er kann auch Juckreiz und schwere Entzündungen in After und Vagina verursachen.

Bekannter noch ist Soor als Entzündung der Mundschleimhaut: Der Mundraum ist gerötet und wund und auf der Zunge, dem Gaumen und der Innenseite der Backen erscheinen weiße Flecken. Wird der Säugling gestillt, kann die Infektion auf die Brustwarzen der Mutter übertragen werden, so daß sie ständig wund sind und eventuell wochenlang nicht heilen. Der Soor verschwindet nach zwei Wochen oder schneller, wenn der Säugling täglich 100 mg Niacin bekommt. Nimmt die stillende Mutter täglich frische Leber, Hefe, ein Vitamin-B-Präparat und 1000 mg Vitamin C zu sich, erholt sich ihr Kind meist schnell und bei ihr selbst heilen die Brustwarzen, wenn sie wund waren. Bei Flaschenkindern hilft, falls es vertragen wird, ein erhöhtes Quantum an Hefe, Joghurt oder Bioghurt; zusätzlich kann man noch als Tagesration 100 bis 300 mg NiacinTabletten zerstoßen und in die Flasche geben oder jeder Flasche einen halben Teelöffel eines Sirups, der alle Vitamine des B-Komplexes enthält, zusetzen. Das sollte man nur kurzfristig, höchstens einige Tage lang, machen.

Impetigo

Dies ist eine sehr ansteckende, durch Staphylokokken oder Streptokokken hervorgerufene Hauterkrankung, die im Gefolge einer Schnittwunde oder Quetschung auftreten kann. Sie verschwindet fast sofort, wenn das Kind zwei bis drei Tage, solange es die Infektion hat, 10 000 I. E. Vitamin A aus Lebertran und 100 I. E. Vitamin E erhält. Sollte die Infektion länger als drei Tage dauern, muß der Arzt — am besten ein ernährungsphysiologisch erfahrener Arzt — verständigt werden. Schnelle Linderung bringt das Einreiben der befallenen Stellen mit Heilbuttleberöl oder Öltropfen mit Vitamin A, D und E. Vitamin-E-Salbe und Vitamin E, das direkt aus der Kapsel auf die Haut ausgedrückt wird, kann auch abwechselnd mit einer antibiotischen Salbe aus der Apotheke aufgetragen werden.

Hitzepickel

Wenn ein Säugling wochenlang an Hitzepickeln leidet, zeigt sich in zwei bis vier Tagen eine Besserung, sobald man ihm täglich 100 bis 200 mg Vitamin C gibt. Diese Hauterkrankung scheint durch Histamine verursacht zu werden, die sich als Reaktion auf die Belastung durch große Hitze bilden; Vitamin C hat eine deutlich erkennbare Antihistaminwirkung. Wenn Hitzepickel zum Problem werden, sollte die stillende Mutter auch ihre eigene Vitamin-C-Zufuhr erhöhen. Flaschenkinder bekommen das Vitamin mit der Flaschennahrung oder direkt mit dem Löffel.

Eine meiner Freundinnen meint, daß pulverisiertes und in Wasser aufgelöstes Vitamin B6, auf die Haut aufgetragen, Juckreiz fast sofort lindert. Leider konnte ich dieses Mittel nicht selbst ausprobieren. Wenn sie recht hat, könnte es nützen, dieses Mittel auch bei Säuglingen mit Hitzepickeln anzuwenden. Es gibt auch Vitamin-B6-Sirup oder -kapseln.

Ekzeme oder Hautausschläge

Bei einer Flaschennahrung auf Magermilchbasis oder entfetteter Sojamilchbasis und auch bei Nahrungen, die nur Kokosnußbutter, ein gesättigtes Fett, enthalten, entwickeln die Säuglinge schon im ersten Monat aufgrund des Linolsäuremangels Ekzeme oder Hautausschläge. Diese Ekzeme heilen schnell, wenn das Kind die Brust oder Kuh- oder Ziegenmilch oder Pflanzenöl bekommt. Schnelle, kurzzeitige Erleichterung bringt das Auftragen von Pflanzenöl, zum Beispiel Saffloröl, auf die Haut.

Besonders bei Flaschenkindern bilden sich gern Ekzeme, wenn eines der Vitamine des B-Komplexes fehlt. Vitamin B fördert die Tätigkeit der Nebennierendrüsen (die Cortison bilden) und hilft den Darmenzymen bei der Verdauung und Resorption von Fett und Zink. Zink scheint bei der Ekzembildung eine Rolle zu spielen. Ein Grund, warum es bei Sojamilch so häufig zu Ekzemen kommt, ist, daß sie keine Laktose enthält und dieser Milchzucker den Flaschennahrungen auf Sojamilchbasis meist nicht zugesetzt wird. Bekommt das Kind statt anderem Zucker Laktose, kann sich diese Art von Hautausschlag schnell bessern, indem der Säuglingsnahrung oder der Kost der Mutter Hefe, Joghurt und Bioghurt zugesetzt wird.

Erbrechen

Bei Freiwilligen mit einem Vitamin-B6-Mangel kommt es vielfach zu Übelkeit und Erbrechen; dieses Vitamin hilft bei vielen Arten von Brechreiz. Bei Säuglingen wird das Erbrechen offenbar als so »normal« angesehen, daß es in den medizinischen Fachzeitschriften kaum Erwähnung findet. Selbstverständlich kann alles, was den Säugling zu viel Luft verschlucken läßt, dazu führen, daß er brechen muß.

Es kommt vor, daß die Säuglinge bereits mit einem Vitamin-B6-Mangel auf die Welt kommen. Den Säuglingsnahrungen wird das Vitamin selten zugesetzt, und in der Muttermilch ist es nicht besonders reichlich enthalten. Ein entsprechender Mangel kann in manchen Fällen die Ursache des Brechreizes sein. Bei anhaltendem Brechreiz würde ich empfehlen, dem Säugling täglich 10 mg Vitamin B6 in die Nahrung zu geben; stillende Mütter sollten vorübergehend 25 mg Vitamin B6 nach jeder Mahlzeit zu sich nehmen. Wenn das noch keinen Erfolg zeitigt, sollte man einen Arzt aufsuchen, da speziell bei Säuglingen die Gefahr besteht, daß sie »austrocknen«.

Magenpförtnerverschluß

Diese vor allem bei Neugeborenen häufig auftretende Störung ist gekennzeichnet von heftigem Erbrechen, das seine Ursache in einer Verengung der Passage zwischen Magenausgang und Zwölffingerdarm haben soll. Gewöhnlich wird das durch einen chirurgischen Eingriff behoben. Manche Ärzte glauben indes, daß die Krankheit durch nährstoffarme, stark zuckerhaltige Säuglingsnahrung verursacht wird.

Ein Kinderarzt bat mich einmal, einen Hausbesuch bei einem Säugling mit Pförtnerverschluß zu machen. Meine Aufgabe lautete, ihm einen so dick angerührten Brei zu füttern, daß er ihn möglichst nicht mehr aufstoßen konnte. Wenn das Kind ihn doch wieder erbrechen sollte, sollte ich sobald als möglich wieder Brei nachfüttern. Ich traf eine besorgte Mutter an, die ganz krank vor Erschöpfung war, und ein vier Monate altes Kind, das seine Nahrung schon tagelang erbrochen hatte und fürchterlich elend und zornig und ebenso hungrig war. Der Mehlbrei — der denaturierteste, den man überhaupt bekommen konnte — war schon gemäß Anleitung zubereitet. Das Kind aß begierig ein ganzes Tellerchen, aber schon nach wenigen Minuten war das Ganze in einem Umkreis von zweieinhalb Metern auf der Mutter, mir selbst, dem Eßtisch, den Stühlen, dem Teppich verteilt. Nach dem Saubermachen fütterte ich ihm, ganz wie befohlen, wieder den Brei. Das Resultat war genau das gleiche. Daraufhin schlug ich vor, den Versuch zu unternehmen, dem Kind stündlich einen Löffel ungekochter, in Milch aufgequollener Weizenkeime zu geben. Diese kleine Portion konnte das Kind wunderbarerweise bei sich behalten, es erbrach nichts mehr.

Ich habe zwar erst mit nur einigen Säuglingen mit Pförtnerverschluß zu tun gehabt, bei denen eine Vitamin-B-Behandlung erfolgreich war, aber ich vermute, daß in manchen Fällen ein chirurgischer Eingriff durch eine mindestens dreitägige Behandlung mit 30 mg Vitamin B6, einem Viertel Teelöffel Magnesiumoxid, das 250 mg Magnesium enthält und einem Vitamin-B-Konzentrat, in dem alle Vitamine dieser Gruppe enthalten sind, vermieden werden könnte. Die empfohlene tägliche Zufuhr (RDA) liegt bei einem Säugling bis zu einem halben Jahr bei 60 mg täglich und bei Kindern im Alter von sechs Monaten bis zu einem Jahr bei 70 mg. Bei einem Magenpförtnerverschluß muß unbedingt der Kinderarzt verständigt werden.

Verstopfung

Von einer Verstopfung kann man nur sprechen, wenn der Stuhl hart und trocken ist und Beschwerden verursacht. Egal, wie selten das Kind Stuhl hat, solange der Stuhl weich ist, hat es keine Verstopfung. Oft haben gesunde Brustkinder in fünf bis sieben Tagen nur einmal einen großen Stuhl; das ist ganz normal und kein Anlaß zur Sorge. Meist sind es die Flaschenkinder, die durch eine hitzegeschädigte, stark zuckerhaltige Nahrung an Verstopfung leiden.

Ein Säugling, dessen Stuhl hart ist, kann zu wenig Vitamin B oder auch Magnesium bekommen haben. Alle Vitamin-B-reichen Nahrungsmittel wirken abführend, bei Magnesium ist sogar Vorsicht geboten, damit es keine Diarrhöe verursacht. Im Falle einer Verstopfung sind folgende Maßnahmen sofort einzuleiten: Die Säuglingsnahrung darf keinen Zucker mehr außer Milchzucker (Laktose) enthalten; der Nahrung muß jetzt Bierhefe, Laktose, Magnesium und Joghurt oder Bioghurt zugesetzt werden. Wenn das Kind diese Nährstoffe auch ansonsten schon bekommt, kann das Quantum vorübergehend erhöht werden. Klingt die Verstopfung nicht ab, ist der Kinderarzt zu konsultieren.

Klistiere führen dem Körper Wasser zu, das weit davon enfernt ist, steril zu sein. Laxative (Abführmittel) beschädigen oft die zarten Darmwände. Mineralöl entzieht dem Körper Vitamin A, D, E und K. Säuglinge sollten auf keinen Fall mit diesen Mitteln behandelt werden. Ballaststoffe sind eine gute Vorsorge gegen Verstopfung. Weizenkeime, Leberpulver und Kleie sind Nahrungszusätze, die die Gefahr einer Verstopfung vom Säugling abwenden können.

Diarrhöe oder Durchfall

Beim gesunden, normalen Säugling ist der Stuhl ziemlich weich. Von Diarrhöe kann man erst sprechen, wenn der Stuhl flüssig oder ganz formlos ist und ganz anders aussieht als sonst bei diesem Kind. Wie wir bereits gesehen haben, kann es durch Magermilch- oder Sojamilchprodukte bzw. bei einem Mangel an Linolsäure zu Durchfall kommen. Häufig sind auch Infektionen des Darmtrakts und Antibiotika die Ursache für Durchfall, der in beiden Fällen durch reichlich Joghurt und Bioghurt behoben werden kann.

Diarrhöe kann durch stark zuckerhaltige Säuglingsnahrung verursacht sein; besonders empfindlich sind hier frühgeborene Säuglinge, bei denen die zur Verdauung von Zucker nötigen Enzyme noch nicht ausgebildet sind. Werden alle Zuckerzusätze außer Laktose unverzüglich abgesetzt und die Säuglingsnahrung dem Bedarf angepaßt, normalisiert sich die Enzymproduktion bald.

Das B-Vitamin Nikotinamid, auch Vitamin B3 genannt, ist erstaunlich wirksam bei der Behebung von Störungen. Diarrhöe ist nur eine Störung, die auf eine Nikotinamid-Behandlung ansprechen kann. Wichtig ist, daß Vitamin B3 als Nikotinamid verabreicht wird, da Niacin oder Nikotinsäure (auch B3, aber in Form von Säure) die Blutbahnen erweitern und zu einem Blutandrang führen kann, der selbst schon wieder Anlaß zu Sorge sein kann. Ich werde die frischgebackenen Eltern nie vergessen, die mir ihre kleine, erst wenige Wochen alte Tochter brachten, die bis zu jenem Tag wegen einer Diarrhöe im Krankenhaus gewesen war. Die Eltern waren gerade dabei umzuziehen und wollten sie in ein anderes Krankenhaus bringen. Bei diesem Besuch gab ich der Mutter eine Tablette mit 100 mg Nikotinamid, die sie dem Kind auf die Zunge legte. Natürlich fiel sie immer wieder heraus, aber allmählich löste sie sich doch auf. Ich gab ihr gleich noch eine Tablette und sie erhielt das Vitamin vorübergehend mit der Flaschennahrung. Tags darauf war der Durchfall behoben und das Kind mußte kein zweites Mal ins Krankenhaus. Unabhängig von vielen Ursachen einer Diarrhöe bei Säuglingen habe ich selten ein Kind gesehen, dessen Stuhl nicht wieder fest wurde, nachdem es alle B-Vitamine bekommen hatte. Nikotinamid oder Vitamin B3 bildet sich im Körper aus der Aminosäure Tryptophan, wenn ausreichend Vitamin B6 vorhanden ist und mehr Proteine zugeführt werden, als der Körper zur Bildung von Zellgewebe braucht. Säuglinge mit einem Vitamin-B6-Mangel können aus dem Tryptophan kein Nikotinamid bilden. Bei Freiwilligen kam es offensichtlich aus diesem Grund einfach dadurch schon zu Durchfall, daß ihre Kost kein Vitamin B6 enthielt. Zahllose Untersuchungen haben gezeigt, daß bei den meisten Säuglingen ein Mangel an Vitamin B6 und Nikotinamid besteht, vor allem bei Säuglingen mit geringem Geburtsgewicht. Bei durchfallkranken Säuglingen hat man festgestellt, daß ihre Nahrung wenig Protein und insofern auch wenig Tryptophan enthalten hatte. Da die Mütter ihren Säuglingen statt der guten Milchproteine häufig die schlechtere Büchsenkost geben, überrascht es nicht, daß jedes Jahr Tausende von Säuglingen mit einem Vitamin-B- und Proteinmangel wegen Diarrhöe stationär behandelt werden müssen.

Durchfall ist häufig auch ein Symptom für eine Allergie. Wenn das Kind eine Weizenallergie hat und weiter mit Weizenkeimen oder Weizenkleie gefüttert wird, kann der Durchfall nicht besser werden. Genauso ist es bei einer durch Milch- oder Laktoseallergie bedingten Diarrhöe — auch hier müssen diese Nährstoffe vorübergehend abgesetzt und durch ein laktosefreies Sojaprodukt ersetzt werden.

Je schlimmer die Mangelernährung, desto größer ist die Neigung zu Durchfall. Umgekehrt kann anhaltender Durchfall bei einem bislang gesunden Säugling schnell zu schweren Mangelerscheinungen führen, da so viele Nährstoffe ausgeschieden werden und verlorengehen. Zum Beispiel verursacht Diarrhöe oft so schwere Magnesiummangelerscheinungen, daß es zu Zuckungen, Muskelspasmen und sogar Konvulsionen kommt. Magnesium wirkt zwar abführend, aber 400 bis 500 mg Magnesium täglich bei Durchfall fördern den Appetit, den Heilungsprozeß und den Schlaf und machen das Kind ruhiger. Der Kaliumverlust bei Durchfall kann auch zu Koliken und Herzschäden führen. Aus diesem Grund sollte man vorübergehend Salz meiden, durch das mehr Kalium mit dem Urin ausgeschieden wird.

Untersuchungen haben gezeigt, daß selbst in Fällen schwerer Diarrhöe die Nährstoffverwertung um so besser ist, je mehr vollwertige Nahrungsmittel verzehrt werden, und daß der Heilungsprozeß dementsprechend schneller verläuft. Butterfett und andere schwer verdauliche Fette sollte man meiden. Bei manchen Säuglingen kann die entschlackende Wirkung der Hydroxylfettsäuren, die sich aus den langen ungesättigten Fettsäureketten bilden, zu länger anhaltendem Durchfall führen.

Ein größeres Kind, das schon Festnahrung bekommt, sollte seinen Hunger möglichst mit einer Vitamin-B- und proteinreichen Nahrung stillen. Es muß nicht unbedingt flüssige oder pürierte Nahrung bekommen. Manche Ärzte sind der Meinung, daß gedünstete Möhren und zerdrückte Bananen bei Durchfall besonders gut sind. Wenn Sie wollen, geben Sie das dem Kind.

Wenn ein Kind, das gestillt wird, an Durchfall erkrankt, sollten Sie Ihre eigene Ernährung verbessern und dem Kind häufiger die Brust geben. Mit 100 mg oder mehr Nikotinamid zu jeder Mahlzeit erhöht sich der entsprechende Anteil in Ihrer Milch. Auf keinen Fall dürfen Sie wegen des Durchfalls abstillen. Es braucht jetzt mehr, nicht weniger Nahrung, und die Diarrhöe ist schon aufregend genug, auch ohne die Belastung durch eine abrupte Entwöhnung. Häufig kommt es bei Brustkindern auch nur deshalb zu einem weichen Stuhl, weil sich die Mutter heißhungrig auf frisches Obst gestürzt hat.

Vorbeugen ist möglich

Werdende Mütter, die das Buch hier rechtzeitig lesen, bevor das Kind auf die Welt kommt, und sich und ihr Kind adäquat ernähren, können leicht Vorsorge treffen gegen jede der hier genannten Störungen.

Quelle: Adelle Davis: „Wir wollen gesunde Kinder“, Originaltitel: „Let’s have healthy children“ – Das Buch ist in Deutschland leider nicht mehr erhältlich.

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