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Nahrungsmittel heute

Unsere Ernährung deckt nicht den Vitaminbedarf

Artikel von Heinz Sünder aus der „Welt am Sonntag“

München: Unsere Tische biegen sich und was wir essen ist oft vom Feinsten: Erdbeeren an Weihnachten, deutsche Frühkartoffeln schon im Juni, Weintrauben im Mai, Brokkoli das ganze Jahr.

Also müssten wir – vom Übergewicht mal abgesehen – kerngesund sein. Vitamine, Mineralien, Spurenelemente stehen reichlich zur Verfügung. Doch das ist ein Irrtum. In diesen Bereichen sind wir unterernährt. Wir leiden Mangel im Überfluss, denn im Obst und Gemüse ist nicht mehr drin, was mal drin war.

Wissenschaftler schlagen deshalb Alarm. Prof. Dr. Heinz Liesen, Präventiv-und Sportmediziner sowie Spezialist für Ernährungsfragen: „Wir müssen davon ausgehen, dass mehr als zwei Drittel aller Deutschen ab 50, 55 Jahren zunehmend an subklinischen Mangelzuständen leiden. Die Menschen sind noch nicht krank, aber das Immunsystem ist geschwächt. Sie leiden an ständiger Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen.

Regeneration findet nicht mehr statt. Es mangelt an Vitaminen, Spurenelementen, Mineralien wie Magnesium, Zink, Selen, Vitamin E. Die Liste ist endlos lang.“

Selbst bei jüngeren Menschen herrscht in diesen Bereichen Unterversorgung. Liesen: „Bei zwanzig- bis fünfunddreissigjährigen Testanten haben wir ebenfalls eindeutige Mangel-Situationen festgestellt. Wir brauchen viel mehr Vitamine und Mineralien als früher. Die Gründe: Stress durch die gewachsene Arbeits-, Freizeit- und Umweltbelastung. Wir ruhen zuwenig und trinken zuviel Alkohol. Eine Flasche Wein zum Beispiel vernichtet den Magnesiumbedarf für zwei Tage.“

Noch schlimmer trifft es alte Menschen. An der Universität Heidelberg wurde der Ernährungszustand von 300 Achtzigjährigen untersucht. Das Ergebnis: Zwei Drittel von ihnen litten unter Vitaminmangel – vor allem Vitamin A und C. Die Folgen: Von den Mangelpatienten starben in den folgenden drei Jahren im Verhältnis doppelt soviele, wie von denen, die ausreichend mit Vitaminen versorgt waren.

Ernährungswissenschaftler vom Schwarzwald-Sanatorium Obertal machten folgendes Experiment: Auf einem Gemüsemarkt in Karlsruhe und in der Gemüseabteilung einer großen Lebensmittelkette in Freiburg kauften sie stichprobenartig zwei identische Lebensmittelkörbe.. Der Inhalt: Brokkoli, Bohnen, Fenchel, Möhren, Kartoffeln, Spinat, Äpfel, Bananen und Erdbeeren.

Diese Lebensmittel wurden in einem neutralen Lebensmittellabor in Karlsruhe nach ihrem Gehalt an bestimmten Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen untersucht. Als Vergleich zu den heutigen Stichprobenwerten dient die offizielle Nährstofftabelle des schweizerischen Pharmakonzerns Geigy von 1985.

So stellt man beispielsweise fest, dass das wichtige Spurenelement Kalium laut Geigy in der Banane noch 1985 zu 420 Milligramm pro 100 Gramm enthalten war. In der 1996er Warenkorb-Banane waren es gerade noch 327 Milligramm – fast ein Viertel Verlust. Vergleichswerte von Calcium, Folsäure, Magnesium, Vitamin B6 und Vitamin C zeigt die Tabelle.

Welcher Mangel hat welche Folgen?

Magnesium: Führt zu Herzrythmusstörungen, Muskel-, Magen- und Darmkrämpfen, Depressionen, verminderter Muskel- und Knochenqualität. Es kommt zu Störungen im Immunsystem und beim Stoffwechsel. Der Körper kann nötige Energie nicht mehr schnell mobilisieren.

Calcium: Bei Mangel raubt der Körper das benötigte Calcium aus der Knochensubstanz: Osteoporose (Knochenschwund) und Störungen der Blutgerinnung sind die Folgen. Die Allergieanfälligkeit wächst, es kommt zu Muskelverkrampfungen im ganzen Körper, wichtige Enzyme können nicht mehr aktiviert werden.

Vitamin C: Die Infekt- und Allergieanfälligkeit steigt. Das für das Bindegewebe wichtige Collagen wird nicht richtig aufgebaut, es kommt zu Knochen- und Knorpelschäden, die Gefäße werden brüchig. „Freie Radikale“ werden vom aufgelösten Vitamin C in der Körperflüssigeit bekämpft, bei Mangel wächst die Krebsgefahr.

Vitamin B6: Bei Mangel wächst die Schmerzempfindlichkeit (Migräne, prämenstruale Störungen). Bei Einnahme der Anti-Baby-Pille besteht erhöhter Bedarf.

Folsäure: Mangel führt zu Entwicklungsschäden bei Kindern um Mutterleib. Die Produktion von weißen Blutkörperchen wird vermindert (Immunschwäche). Risikofaktor für Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall.

Beta-Carotin (Vitamin-A-Vorstufe): Dämmerungs und Nachtblindheit, Nierenprobleme, Harnweginfektionen, Störungen des Immunsystems. In der dritten Welt erblinden jährlich Millionen wegen Vitamin-A- und gleichzeitigem Eiweißmangel.

Mineralien und Vitamine Gehalt in Milligramm je 100 Gramm Lebensmittel

Brokkoli

Calcium                   1985: 103   1996:  33 minus 68%
Folsäure                  1985:   47   1996:  23 minus 52%
Magnesium             1985:   24   1996:  18 minus 25%

Bohnen

Calcium                   1985:   56   1996:  34  minus 38%
Folsäure                  1985:   39    1996: 34  minus 12%
Magnesium             1985:   26    1996: 22  minus 15%
Vitamin B6              1985:  140   1996:  55  minus 61%

Fenchel

Calcium                   1985: 35      1996: 57  plus 62%
Folsäure                  1985: 10      1996: 32  minus 68%
Magnesium             1985: 11      1996: 17  plus 45%

Kartoffel

Calcium                   1985: 14     1996:   4  minus 70%
Magnesium             1985: 27     1996: 18  minus 33%
Vitamin C                1985: 20    1996: 25  plus 25%

Möhren

Calcium                   1985: 37      1996: 31  minus 17%
Magnesium             1985: 21      1996:   9  minus 57%

Spinat

Magnesium              1985: 62     1996: 19  minus 68%
Vitamin B6               1985: 20     1996: 82  minus 59%
Vitamin B                 1985: 51     1996: 21  minus 58%

Apfel

Calcium                   1985: 7      1996:  8  plus 12%
Magnesium             1985: 5      1996:  6  plus 20%
Vitamin C                1985: 5     1996:   1  minus 80%

Banane

Calcium                    1985:   8     1996: 7  minus 12%
Folsäure                   1985:  23    1996:  3  minus 84%
Magnesium              1985:  31    1996: 27  minus 13%
Vitamin B6               1985: 330   1996:  22  minus 92%

Erdbeere

Calcium                   1985: 21     1996: 18  minus 14%
Magnesium             1985: 12     1996: 13  plus 8%
Vitamin C                1985: 60     1996: 13  minus 67%

Ich denke, Sie sollten sich diese Zahlen genauer ansehen und vielleicht doch überlegen, die wichtigsten Vitamine regelmäßig als Nahrungsergänzung zu sich nehmen.

*Sie sollten diese Informationen niemals als alleinige Quelle für gesundheitsbezogene Entscheidungen verwenden. Bei gesundheitlichen Beschwerden fragen Sie einen anerkannten Therapeuten, Ihren Arzt oder Apotheker. Bei Erkrankungen von Tieren konsultieren Sie einen Tierarzt oder einen Tierheilpraktiker. Die Artikel und Aufsätze dieser Seiten werden ohne direkte medizinisch-redaktionelle Begleitung und Kontrolle bereitgestellt. Nehmen Sie bitte niemals Medikamente (Heilkräuter eingeschlossen) ohne Absprache mit Ihrem Therapeuten, Arzt oder Apotheker ein.

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