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Gentechnik

 Pro und Kontra Teil 4

Patente auf Leben

Im Brennpunkt fast aller Auseinandersetzungen um die Gentechnologie steht die Patentierung des Lebens. Multinationale Konzerne und die Regierungen der Industrieländer fordern weltweit eine umfassende Patentgesetzgebung, um gentechnische Erfindungen zu schützen.

Die andere Seite – eine Reihe von Staaten der so genannten Dritten Welt und eine breite Koalition verschiedenster Gruppen innerhalb der Industriestaaten (z.B. der Weltärztebund) – widersetzen sich der Patentierung von Lebewesen. Sie vertreten viel mehr die Meinung, dass das Leben, das Erbgut und die genetische Vielfalt dieses Planeten von niemandem erfunden werden können und daher niemandes intellektuelles Eigentum sind. Dennoch hat der EU-Ministerrat die EU-Patentierungsrichtlinie beschlossen, wonach Gene von Pflanzen und Tieren patentiert werden können. Besonders bedenklich ist die Tatsache, dass sogar menschliche Gene, wenn diese mit einem neuen gentechnischen Verfahren in Zusammenhang stehen, patentiert werden können. Mit der EU-Patentierungsrichtlinie ist erstmals eine ethische Schranke überschritten worden, die ökonomische Interessen vor die Würde des Lebens stellt.

Pro

Zusätzlich zur klassischen Chemie spielen heute auch gentechnisch veränderte Organismen bei der Entwicklung von Medikamenten eine Rolle. Um die Investitionen abzusichern, ist der Schutz des geistigen Eigentums nötig. Gentechnische Erfindungen bedürfen des gleichen Schutzes wie andere Erfindungen. Handelt es sich um lebende Organismen, müssen auch ihre Nachkommen geschützt werden.

Contra

Forschung und Industrie beanspruchen ein Verfügungsrecht über Lebewesen. Patente auf Pflanzen und Saatgut widersprechen dem Sinn des Artenschutzabkommens von Rio und vergrößern die Abhängigkeit der Bauern von multinationalen Konzernen. Patente auf genmanipulierte Tieren sind unethisch und verletzten den verfassungsmäßigen Auftrag, der Würde der Kreatur Rechnung zu tragen.

„Ein Patent, das einem einzigen multinationalen Konzern die Monopolkontrolle über die gentechnische Forschung zu einer der weltweit wichtigsten Nutzpflanzen – der Sojapflanze – erlaubt, ist eine Bedrohung für die weltweite Nahrungsmittelsicherheit. Ein solches Patent zeigt aber auch, dass das Patentsystem außer Kontrolle geraten ist“ Pat R. Mooney (Rural Advancement Foundation International) zum Patentmonolpol auf Soja.

Wer garantiert die Sicherheit der Gentechnologie?

Pro

Die Industrie und die Universitäten halten sich an die bestehenden Gesetze und Vorschriften für die biologische Sicherheit. Registrierungspflichtige Experimente werden gemeldet und geprüft.

Contra

Die Gentechnik durchmischt die genetischen Grundlagen des Menschen, des Tier- und Pflanzenreichs sowie der Mikroorganismen. Dadurch können neuartige Risiken entstehen. Schwerste Schadensfälle sind denkbar, z.B. langfristige, nicht wieder gutzumachende Schäden der Umwelt.

Die vielfältigen potenziellen Auswirkungen von gentechnisch veränderten Pflanzen auf das Ökosystem sind derzeit weitestgehend unbekannt. Eine Studie aus dem Jahr 2000, die im Auftrag des österreichischen Umweltbundesamtes erstellt wurde, kam zu dem Ergebnis, dass weltweit bei weniger als 1% aller Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organismen überhaupt ökologische Daten erhoben worden sind.

Allergierisiken

Die Zahl der Lebensmittelallergien steigt. Allergieauslösend wirken meist Eiweiße oder Eiweiße mit einem Zuckeranteil, die in Lebensmittel enthalten sind. Es wird einerseits befürchtet, dass die Zahl der AllergikerInnen durch gentechnisch veränderte Nahrungsmittel weiter ansteigt. Andererseits wird behauptet, mit Hilfe der Gentechnik könnten bekannte allergene Lebensmittel für AllergikerInnen verträglich gemacht werden.

Pro

Gentechnik kann dazu beitragen Lebensmittel für Allergiker besser verträglich zu machen. In Japan wurde daran geforscht eine Reissorte zu züchten, die ein allergieauslösendes Eiweiß nicht mehr enthält.

Contra

Die Forschung an Gentechnik-Reis wurde von der Firma Mitsui Toatsu wieder aufgegeben. Reis enthält eine Vielzahl allergener Inhaltstoffe, und es gelang noch nicht einmal einen davon auszuschalten. Ähnliche Versuche mit anderen Lebensmitteln sind noch weniger weit fortgeschritten.

Pro

Lebensmittelallergien sind kein gentechnik-spezifisches Problem.

Contra

Allergiker können sich noch weniger gegen allergene Lebensmittel schützen als heute. Viele genetisch veränderten Pflanzen können in ein Vielzahl von Lebensmitteln verarbeitet werden, und enthalten z. T. die gleichen rekombinanten Gene bzw. Eiweiße. Falls nun Menschen darauf allergisch sind, müssten sie eine ungleich größere Anzahl an Nahrungsmittel meiden als die Menschen, die z. B. gegen Nüsse allergisch sind. Weiters müssten alle gentechnisch veränderten Bestandteile ausnahmslos gekennzeichnet sein und alle rekombinanten Eiweiße müssten auf dem Etikett aufgelistet sein.

Quelle: Dr. Barbara Weber 1999, Ökoinstitut Freiburg. Leitfaden zur Gentechnik. Gen-ethisches Netzwerk.

Entlastung der Umwelt durch gentechnisch veränderte Pflanzen?

Kann der Einsatz gentechnisch manipulierter Nutzpflanzen in der Landwirtschaft die Umwelt entlasten?

Pro:

  • Herbizidresistenz: Durch die Kombination gentechnisch hergestellter herbizidresistenter Pflanzen und dazu passender Komplementär-Herbizide kann das Ausmaß der Spritzbehandlungen reduziert werden. Die Grundidee dahinter ist, Pflanzen gentechnisch so zu verändern, dass sie bis auf das entsprechende Komplementär-Herbizid resistent gegen Spritzmittel sind. Somit könnte zur Bekämpfung von Unkräutern ein einziges Herbizid mit Breitbandwirkung statt wie bisher mehrere spezifischere Unkrautvernichtungsmittel eingesetzt werden.
  • Schutz vor Schädlingen: Wenn Pflanzen aufgrund eingebauter Fremdgene selber Wirkstoffe gegen schädliche Insekten bilden, dann könnte der Einsatz von chemischen Insektiziden stark reduziert werden. Dadurch würde sich auch eine geringere Schadstoff belastung in pflanzlichen Lebensmitteln ergeben.
  • Pilzresistente Pflanzen müssten nicht so oft mit chemischen Fungiziden behandelt werden.
  • Wenn weniger Behandlungen mit Pflanzenschutzmitteln nötig sind, müssen die Anbauflächen seltener mit Landmaschinen befahren werden. Dadurch wird der Boden nicht so stark verdichtet.

Contra:

Langfristige Auswirkungen sind – wenn überhaupt – nur schwer abschätzbar

Aufgrund des unzureichenden Wissens über ökologische Wechselwirkungen sind langfristige Umwelteffekte eines großflächigen Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen derzeit nur schwer abschätzbar. Dabei müssen auch eventuell auftretende unerwünschte Nebeneffekte berücksichtigt werden. Dies betrifft vor allem direkte und indirekte Wirkungen auf Nicht-Ziel-Organismen und Ökosysteme:

  • Schädigung von anderen Insekten bei Insektiziden in transgenen Pflanzen, wie zum Beispiel in Bt-Mais.
  • Schädigung von nützlichen Pilzen im Boden und auf Blättern durch Fungizide in transgenen Pflanzen.
  • Auswirkungen auf die biologische Vielfalt unter den Kulturpflanzen und den Acker-Begleitkräutern.
  • Veränderung ökosystemarer Zusammenhänge, wie etwa Ausbreitung von herbizidresistenten Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen bzw. Verdrängung von herbizidsensitiven Organismen.

Standortbedingungen spielen wichtige Rolle

Aussagen über die tatsächliche Gefährdung durch den Anbau gentechnisch manipulierter Pflanzen hängen neben der Art der Pflanze und der eingeführten Gene stark von den jeweiligen Standortbedingungen ab:

  • Welche andere Pflanzen und Tiere gibt es am Standort? Welche Pflanzenkrankheiten und Schädlinge treten dort auf?
  • Wie sind Klima, Boden und geografische/topologische Lage?
  • Welche Anbauverfahren sind möglich? Können die spezifischen Empfehlungen für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzensorten tatsächlich eingehalten werden?

Verstärkte Abhängigkeit von Saatgut- und Chemiekonzernen

In der EU betreffen 75-80% aller Freisetzungen gentechnisch veränderter Organismen die Herbizid- oder Insektizidresistenz von Pflanzen. In Europa stagnieren die Herbizid-Umsätze. Deshalb wird es für die Unternehmen immer schwieriger, ihre Produkte gewinnbringend abzusetzen. Mit Hilfe der Gentechnik soll ein neuer Anlauf unternommen werden, dem Herbizidabsatz wieder auf die Beine zu helfen; nämlich durch den Verkauf von gentechnisch manipuliertem Saatgut und des dazugehörigen Pestizids.

Die Bauern laufen dabei Gefahr, in verstärkte Abhängigkeiten zu Saatgut- und Chemiekonzernen geraten.

„Genetisch verändertes Saatgut wird erheblich teurer sein als die traditionellen Sorten“ Jochen Wulff, Leiter des Geschäftsbereichs Pflanzenschutz der Bayer AG 1997, in Gen-Food. Ernährung der Zukunft? Ullstein Verlag, Berlin.

Ist die Gentechnologie grundsätzlich etwas Neues?

Seit Jahrtausenden versucht der Mensch seine Umwelt nach seinen Wünschen und Nutzvorstellungen zu verändern. Für seine Ernährung setzte er hierfür Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen ein und optimierte sie zu seinem Wohle und Nutzen. Erst um die Jahrhundertwende setzen Menschen gezielt Kreuzungen zur Veränderung der Erbeigenschaften von Pflanzen und Tieren ein und um 1950 fand verstärkt der Einsatz vom mutagen-wirkenden Agenzien Anwendung zur Manipulation genetischen Materials. Seit einigen Jahren werden klassische Züchtung und Stammoptimierung von Organismen durch ein neues Hilfsmittel – die Gentechnik – erweitert.

Pro

Gentechnik unterscheidet sich nicht grundsätzlich von konventioneller Züchtung. Sie führt nur schneller zum Ziel.

Contra

Gentechnologie ist eine ganz neue Methode, da spezifische Methoden zur Veränderung der Erbsubstanz (DNA) zum Einsatz kommen. Durch die neuen technischen Möglichkeiten kann nun das Erbmaterial von verschiedenen Organismen miteinander kombiniert werden.

Grundsätzlich können auch bei konventioneller Züchtung unerwartete Effekte auftreten. Vor diesem Hintergrund sollten auch manche nicht-gentechnische, moderne Züchtungsmethoden unter Sicherheitsaspekten stärker unter die Lupe genommen werden. Die Wahrscheinlichkeit dieser unterwarteten Effekte bei der konventionellen Züchtung ist aber im Vergleich zur gentechnischen Veränderung von Organismen geringer anzusetzen, weil man sich weniger weit von dem entfernt, was im Lauf der Evolution geschehen ist und weiterhin geschieht.

*Die Informationen und ergänzenden Aufsätze dürfen auf keinen Fall als Ersatz für eine professionelle Beratung oder Behandlung durch ausgebildete und anerkannte Therapeuten angesehen werden. Der Inhalt der Beschreibungen kann und darf nicht verwendet werden, um eigenständig Diagnosen zu stellen oder Behandlungen zu beginnen.

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